Die Wirklichkeit sah vielfach anders aus.
Was auch immer Deutsche von den Amerikanern, ihren »Housing Areas«, ihrem Lebensstil sahen und wussten – von der Realität des Arbeitslebens in der US-Armee machten sie sich meist keine zutreffende Vorstellung. Die GIs kamen nach Deutschland, um dort einen »Job« zu erledigen – als Besatzungssoldaten und als Verteidiger von »Freedom and Democracy«. Die Mehrheit von Ihnen hatte niemals zuvor die amerikanische Heimat verlassen. Sie folgten Befehlen, die sie an wechselnde Orte auf der großen weiten Weltkarte amerikanischer Interessen führte. Die Begrenzung ihrer Aufenthaltsdauer und der Mangel an Kenntnissen der jeweiligen Landessprache lähmte oft jedes Interesse, eine wirkliche Nähe zum wechselnden Außen aufzubauen. Tatsächlich beschäftigte die US-Militärs vorrangig gänzlich Anderes – beispielsweise ihr befristeter Einsatz in Krisengebieten. Ein solcher Einsatz ging an niemand spurlos vorüber. Wer aus ihm zu seiner in Deutschland stationierten Familie zurückkehrte, war oft traumatisiert. Diese Beeinträchtigungen belasteten nicht nur die GIs selbst, sondern auch ihre Angehörigen hochgradig. Vor allem die Kinder konnten oft überhaupt nicht verstehen, warum ihr »Daddy« nach längerer Abwesenheit schrecklich verändert war. Selbst wer das Glück hatte, nie in eine Kampfzone abkommandiert zu werden, war oft erheblichen Risiken ausgesetzt. Beim Umgang mit schwerem Arbeits- und Kriegsgerät konnte ein falscher Handgriff den Tod oder Verstümmelung bedeuten. Und im Hintergrund lauerte stets die Angst vor einem sowjetischen Angriff, der die trügerische Ruhe in einem vermeintlich sicheren Einsatzgebiet abrupt beenden und in ihr Gegenteil verkehren konnte. In Krisenzeiten und bei der Konfrontation mit dem Verlust eines geliebten Menschen Trost bei Freunden und Verwandten im fernen Amerika zu suchen, war umständlich und zeitraubend – Briefe, die man den Schiffen der Truppenversorgung anvertraute, erreichten ihren Bestimmungsort erst nach unerträglich langer Dauer. Auch die übrigen Kommunikationsmittel hatten ihre Schwächen. Das Leben in einem militärischen Stützpunkt bot ohne Frage einige Konsumvorteile und viele Kameradschaftserlebnisse – war aber durchgängig von Befehl und Gehorsam und einem Kasten-system der Hierarchie geprägt. Diese fand ihre Entsprechung auch in einer höchst unterschiedlichen Bezahlung: Einfache Soldaten verdienten so wenig, dass sie – besonders wenn sie Alleinversorger einer mehrköpfigen Familie waren – jeden Dollar dreimal umdrehen mussten. Die Last all dieser Härten trieb nicht wenige US-Militärs zur Flucht in den Alkohol, in häusliche Gewalt und Selbstmordversuche. Auch die hohe Rate an Scheidungen sprach Bände. Solche amerikanischen Probleme blieben hinter hohen Zäunen verborgen. Was die deutsche Bevölkerung wahrnahm, waren zumeist die Sonnenseiten des »Little America«.
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