In Wiesbaden war 1945 fast jeder Zehnte ohne feste Bleibe. Von insgesamt 170.000 Räumen galten 11.000 als »zunächst nicht bewohnbar«. Die Amerikaner beschlagnahmten für ihre Zwecke rund 3.000 große und kleine Gebäude. Durch Binnenwanderung und die Zuweisung von Flüchtlingen stieg die Einwohnerzahl in Wiesbaden vom Kriegsende bis Ende 1945 von rund 123.000 auf 200.000 an. 1946 wurden Wiesbaden nochmals 15.000 Flüchtlinge zugewiesen. Den Rest an verfügbaren Unterkünften mussten sich Alteingesessene und Neubürger teilen. In überbelegten Wohnungen und Notunterkünften drängelten sich oft mehrere Familien. Es gab große Hilfsbereitschaft, aber auch wachsende Spannungen und Missgunst. Mangelverwaltung bewirkt keine ursächliche Hilfe. Erste Priorität erhielt deshalb die Instandsetzung von Gebäuden, die mit einem verhältnismäßig geringen Aufwand an Material, Zeit und Arbeitskraft zu bewältigen war. Um privaten Hausbesitzern die Finanzierung solcher Maßnahmen zu ermöglichen, beschloss die Stadt im März 1949 Steuererleichterungen. Der Höhe des Nachlasses richtete sich nach dem Zustand des Hauses – je größer die Zerstörung, desto höher der Zuschuss. Die Summe der Steuervergünstigungen durfte jedoch 40 Prozent der Wiederaufbaukosten nicht übersteigen. Auch öffentliche Sanierungsanstrengungen und Neubauvorhaben wurden mit aller Kraft vorangetrieben. In manche der neuen Siedlungen zogen Deutsche ein, in andere US-Soldaten mit ihren Familien – doch wer immer dort unterkam, am Ende war allen geholfen: von Amerikanern beschlagnahmte Gebäude konnten freigegeben werden und der Wohnungsmarkt wurde spürbar entlastet. Wer sich bei all dem große Verdienste erwarb und als Motor der Problemlösung erwies, war die 1949 von der Stadt gemeinsam mit der ortsansässigen Industrie gegründete »Gemeinnützige Wiesbadener Wohnbau« GmbH (GWW). Auch die »GENO 50« (Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Wiesbaden) leistete Hervorragendes. Die auf übergeordneter Ebene gesetzten Rahmenbedingungen folgten einer ähnlichen Stoßrichtung. Die 1949 bundesweit in Kraft gesetzte »Wohnungszwangsbewirtschaftung« beinhaltete ein faktisches Verbot der Kündigung von Bestandsmietern, die staatliche Vergabe von in Privateigentum befindlichem Wohnraum an Wohnungssuchende und durchgreifende Mietpreisregelungen. Die frisch gebildete Bonner Regierungskoalition förderte den Sozialen Wohnungsbau mit staatlichen Mitteln. Die Vorgaben waren: eine Wohnungsgröße zwischen 32 und 64 Quadratmetern, eine streng limitierte Miethöhe sowie die Wohnungsvergabe an Mieter unterhalb bestimmter Einkommensgrenzen. Private Wohnungsbauvorhaben wurden zwar nicht unmittelbar bezuschusst, aber mit Steuervergünstigungen bedacht, soweit bestimmte Obergrenzen der Wohnungsgröße eingehalten und eine Kostenmiete gewahrt blieb. Nach und nach ergänzte man die staatliche Unterstützung des Wohnungsbaus durch Mietbeihilfen und Wohngeld.