Zwischen 1933 und 1945 wurden Jung und Alt auf allen verfügbaren Medienkanälen mit NS-Propaganda eingedeckt. Den menschenverachtenden Charakter dieser Botschaften zu erkennen, ist das eine – das andere ist, Zugang zu Weltanschauungen vielerlei Art zu erhalten und seinen Wissensdurst aus unterschiedlichsten Quellen stillen zu dürfen. Wer ein solches Angebot suchte, über englische Grundkenntnisse verfügte oder diese erwerben wollte, wurde ab dem 8. Juli 1947 in der Wilhelmstraße 15 fündig. In der »Amerikanischen Bibliothek« mit zunächst 3.000 Bänden dominierte selbstredend englischsprachige Literatur, aber es waren auch deutschsprachige Titel zu finden. In einem gesonderten Zeitschriftenzimmer lagen wissenschaftliche Magazine, Produkte der Regenbogenpresse und seriöser Verlage aus. Die Einrichtung, der auch Räume für Filmvorführungen, Vorträge und Ausstellungen angeschlossen waren, wurde ab 1948 als »Amerikahaus« bezeichnet. Zwischenzeitlich hatte sich die Zahl der Bücher verdreifacht, die Gesamtzahl der ständigen Leser belief sich auf 3.500. Eine eigene Kinderbücherei erwartete »Leseratten« ab acht Jahren. Dem amerikanischen Leiter standen 25 deutsche Mitarbeiter zur Seite, deren Gehalt aus einem besonderen Fonds bestritten wurde. Am 1. März 1950 zog das Amerikahaus in eine bis dahin als amerikanische Offiziersmesse benutzte Villa (Blumenstraße 12) mit erheblich großzügigeren Räumen um. Im Dachgeschoss richtete man einen deutsch-amerikanischen Gemeinschaftskindergarten ein, der mit Mobiliar ausgestattet wurde, das die Sitz-und Augenhöhe der kleinen Nutzer respektierte. Die Bibliothek stockte man auf 20.000 Bände auf. Ein Vortragsraum mit 120 Sitzplätzen, Diskussions-, Musik- und Leseräume und ein Kinosaal komplettierten das Angebot. Der Zuspruch des deutschen Publikums war enorm. Im Herbst 1953 musste das Wiesbadener Amerikahaus wegen zu hoher Kosten geschlossen werden.